L'ELISIR D'AMORE

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Wiener Staatsoper
3. Mai 2024

6. Mai 2024

Dirigent: Francesco Ivan Ciampa

Adina - Florina Ilie
Nemorino -
Xabier Anduaga
Belcore - Clemens Unterreiner
Dulcamara - Alex Esposito
Giannetta - Daria Kolisan


Großes Tenorversprechen

(Dominik Troger)

Der junge Tenor Xabier Anduaga steht aktuell im Zentrum einer Serie von drei „Liebestrank“-Aufführungen. In der zweiten Vorstellung wiederholte er Nemorinos Romanze „Una furtiva lagrima“.

Seit dem Gewinn der Operalia-Wettbewerbes im Jahr 2019 hat die Karriere von Xabier Anduaga schnell an Fahrt aufgenommen: Nemorino in New York, Ernesto und Edgardo in London, Percy in Berlin, Ernesto und Nemorino in Wien ... Erst am Wochenende hat der Tenor bei der Saisonpräsentation der Wiener Staatsoper die Arie des Tonio aus der „Regimentstochter“ gegeben – auf Youtube kann dieses souverän präsentierte Bravourstück nachgehört werden. Am 30. April folgte sein erster Nemorino am Haus.

War das Staatsoperndebüt des Tenors im Februar als Ernesto noch weitgehend unter dem „Aufmerksamkeitsradar“ geblieben, so hat jetzt eine Woche genügt, um aus ihm schon fast einen Publikumsliebling zu machen. Deshalb hatte sich an diesem Freitagabend mehr Stammpublikum in der Staatsoper eingefunden, als es man es bei dieser „Liebestrank“-Serie erwartet haben würde, steht diese doch ganz im Schatten der aktuellen „Lohengrin“-Neuproduktion.

Anduaga, noch keine 30 Jahre alt, umschmeichelt der Glanz jugendlicher Frische. Er singt und spielt, als wäre es die einfachste Sache der Welt. Er besitzt einen lyrischen Tenor, der im Gegensatz zu vielen seiner Fachkollegen, locker das Haus füllt. Und dass er gut aussieht, kann für einen Sänger nur ein Vorteil sein. Seine Stimme wird von einer warmgetönten Aura umhüllt, die der Zuhörerschaft mit zusprechender Sympathie begegnet. Allerdings lieh er dem Nemorino teilweise schon zu viel von dieser Stimme. Das mag aus Überschwang geschehen sein oder aus Absicht, weil er vor allem dynamische Unterschiede gezielt als stilistisches Mittel einzusetzten scheint. Auf diese Weise hat er auch das „Una furtiva lagrima“ ausgestaltet und es dann sehr leise und sehr verträumt ausklingen lassen.

Das Publikum war plötzlich in Bann geschlagen, hat sich schließlich eine Wiederholung von Nemorinos Gustostückerl erklatscht, mit gar nicht so vielen, aber nachdrücklichen Bravorufen. Als der Applaus eigentlich schon vorüber war, gab es noch ein „Bravo“ und noch eines und dann setzte der Applaus wieder ein und ein „Bis“ war noch zu hören, aber da hatte sich der Sänger schon zur Wiederholung entschlossen.

Mag sein, dass in diesem zustimmenden Applaus auch ein bisschen eine Anzahlung auf die erhoffte strahlende gesangliche Zukunft lag. Schließlich gelang der eingelegte Spitzenton im Duett mit Belcore im zweiten Akt prächtig und man fühlte sich gleich an den eingangs erwähnten Auftritt bei der Spielplanpräsentation erinnert. Allerdings knüpft die Phantasie von Melomanen daran vielleicht Besetzungswünsche, denen der Sänger hoffentlich noch eine gute Zeitlang mit gut beratener Vernunft nicht (!) nachkommen wird. Im Spiel brachte er das unbedarfte Liebesleid Nemorinos gut heraus – und der szenische Rahmen hat auch gepasst.

Der große Vorteil dieser einst von Otto Schenk inszenierten Produktion liegt ohnehin darin, dass sie sich nicht gegen die Sängerinnen und Sänger stellt, sondern dass sie, von südlichem Charme umgeben, das Publikum auch mittelprächtige Repertoireabende in angenehmer Erinnerung behalten lässt. Das ist eben der Unterschied zu vielen aktuellen Inszenierungen, die szenisch auf optische Brüche setzen, um dem Publikum tunlichst jedes naive Vergnügen auszutreiben.

Neben diesem baskischen, aus San Sebastian stammenden Naturburschen fiel die Adina der Florina Ilie zu zartbesaitet aus: eine hübsche, leicht soubrettig angehauchte Sopranstimme, in der Höhe etwas eng aufgestellt, die für ein kleineres Haus praktikabler gerüstet wäre. Alex Esposito gab den parlandoquirligen Dulcamara mit mehr trockenem, klug geführtem Bassbariton. Er spielte die Figur nicht als schmierigen Quacksalber, sondern erfüllte sie mit wendigem, geschäftstüchtigem Intellekt, was ihr ein wenig an buffonesker Substanz kostete.

Clemens Unterreiner war als „Feschak-Belcore“ wieder in seinem Element, ein Sergeant, der sich angesichts der Dorfschönheiten wie ein Pfau aufplustert und seine Niederlage bei Adina sicher schnell wegstecken wird. Dazu gesellte sich noch Daria Kolisan als nette Gianetta. Francesco Ivan Ciampa am Pult und das Orchester folgten Donizetti mit etwas robuster Komödiantik. Fazit: Rund sechs Minuten langer Schlussapplaus für eine Vorstellung, der eine große junge Tenorhoffnung den prägenden Stempel aufgedrückt hat.

(Laut Programmzettel handelte es sich bereits um die 274. Aufführung in dieser Inszenierung. Eine weitere Aufführung gibt es noch am 6. Mai. Anduaga wird nächste Saison wieder als Nemorino ans Haus zurückkehren, geplant sind drei Vorstellungen im März 2025.)

Nachtrag zur Aufführung am 6. Mai: Diesmal gab es keine Wiederholung. Der Applaus nach dem „Una furtiva" fiel zwar kräftig aus, war aber zu wenig nachhaltig. Ein ihn abschließendes „Bis“ klang dann noch einsam nach, kam aber zu spät.