RUSALKA
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Staatsoper
4. April 2024

Dirigent: Tomás Hanus

Rusalka - Corinne Winters
Der Prinz - Pavel Cernoch
Die fremde Fürstin - Eliska Weissová
Der Wassermann - Adam Palka
Die Hexe Jezibaba - Okka von der Damerau
Der Heger -
Stefan Astakhov
Der Küchenjunge - Margaret Plummer
Der Jäger - Nikita Ivasechko
Erste Waldelfe - Anna Voshege
Zweite Waldelfe - Juliette Mars
Dritte Waldelfe -
Daria Sushkova


Eine Nixe in Schnee und Eis“
(Dominik Troger)

Nach vier Jahren hat die Wiener Staatsoper Antonin Dvoraks „Rusalka“ wieder auf den Spielplan gesetzt. Die Besetzung war bis auf den Küchenjungen neu, die Inszenierung ist dieselbe geblieben: Sven-Eric Bechtolf hat 2014 Dvoraks „Lyrisches Märchen“ in eine gruftige Schauergeschichte umgedeutet.

In der Staatsopern-„Rusalka“ herrscht auf der Bühne sibirische Kälte und das Zuseherherz erwärmt sich nur schwer dabei. Rusalkas Trippelschritte zwischen Schnee und Eis, zwischen toten Krähen und einer messerschwingenden Jezibaba verführt zu keiner Märchenromantik. Als ob das Schicksal Rusalkas nicht auch so schon trostlos genug wäre, verschärft die Optik die seelischen Nöte dieses Wasserwesens, das sich nicht damit begnügen konnte, ein solches zu bleiben.

Kitschgefahr geht von dieser Staatsopern-Produktion also keine aus – und niemand wird diese „Rusalka“ eine Groschenromanromantik unterstellen können. Bechtholfs Ironie tut ihr übrigens, um das Märchen mit manch grellem Effekt anzureichern, der – bezogen auf Dvoraks Musik – mehr den schlechten Geschmack des Regisseurs entlarvt. Aber das ist heutzutage noch eine mildere Form von inszenatorischer Besserwisserei und zumindest wird in dieser Produktion nicht die zeitgeistige Mär vom inszestuösen Wassermann wiedergekaut. Inzwischen sind von dieser Produktion 25. Vorstellungen gespielt worden, an diesem Abend wurde also ein kleines „Jubiläum“ gefeiert.

Die neue Besetzung erweckte neues Interesse. Corinne Winters, 2019 als Halka im Theater an der Wien zu Gast, hat inzwischen als Katja Kabanova nicht nur bei den Salzburger Festspielen einige Berühmtheit erlangt. Ihr in der Mittellage leicht dunkel timbrierter Sopran erzählte reizvoll von Rusalkas Sehnsüchten und Rusalkas scheitern. Die Stimme klang abseits lyrischer Gefilde allerdings etwas angespannt und ihre Artikulation hätte prägnanter sein können.

Die Freude an der durch Jezibaba veranstalteten Menschwerdung brachte sie mit naivem, tänzerischem Schwung zum Ausdruck – Winters ist eine jener Sängerinnen, die der intensiven Symbiose von Spiel und Gesang bedürfen, um zu begeistern. Dazu bot ihr die Inszenierung nach meinem Eindruck aber doch zu wenige Möglichkeiten. Der starke Schlussapplaus beim Einzelvorhang legt nahe, dass viele Besucher anderer Meinung gewesen sind.

Pavel Cernoch gab den Prinzen mit einem für die Staatsoper etwas zu leisen Tenor. Die Höhe klang etwas beengt , wodurch die emphatischen Liebesbekundungen des Prinzen sich nicht ganz so entfalteten wie erhofft. Stimmlich am überzeugendsten hat sich für mich Okka van der Damerau als Jezibaba präsentiert, gesanglich eine fast schon zu noble Hexe, die dementsprechend undämonisch über die Rampe kam.

Eliska Weissova führte ihre Fremde Fürstin ortrudhaft ins Feld – ihre harschen Spitzentöne waren mit raumfüllender Lautstärke gesegnet. Aber ihre Stimme scheint sehr uneinheitlich ausgeprägt, es gab einen Bereich in der Mittellage, wo sie kaum mehr zu hören war. Adam Palkas Wassermann verströmte zwar keine füllige Basstraurigkeit, hat die Partie aber gut durchgestaltet. Doch seine Warnungen waren, ganz wie es das Märchen verlangt, vergebens.

Die übrige Besetzung fügte sich passend in diesen Repertoireabend, den das Orchester unter Tomás Hanus spielfreudig, aber in der Ausdeutung für meinen Geschmack zu wenig feinsinnig begleitete. Hanus hat sich mehr an der Bühnensprache Bechtolfs orientiert, sozusagen an den Fakten und weniger am lyrischen Schwelgen von Dvoraks Musik.

Rund fünf Minuten lang währte der Schlussapplaus eines offensichtlich zufriedenen Publikums. In das Finale des dritten Aktes wurde viel zu früh hineingeklatscht. Nach einigem Gezische erstarb der Beifall und rettete den letzten Sekunden Musik doch noch ihre Aufmerksamkeit.