Parsifal
Parsifal und Kundry, aber kein Schuss fällt.
Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Als er 2021 Parsifal für die Wiener Staatsoper inszenierte, saß er in Russland fest. Nicht mehr im Gefängnis, nicht mehr durch Hausarrest geknebelt, ausreisen konnte Kirill Serebrennikov jedoch nicht. Er inszenierte somit (auch per Mail) aus der Ferne; dennoch wurde seine Arbeit ein komplexes und durch filmische Mittel atmosphärisch aufgeladenes Meisterwerk. Inzwischen lebt er im deutschen Exil und kommt mit der Produktion Barocco zu den Wiener Festwochen.

Wer seinen Stil studieren will? Nimmt sich fünf Stunden Zeit und taucht in eine Geschichte mit verdoppeltem Parsifal ein. Der gealterte Held, den Daniel Frank zumindest an den dramatischen Stellen kraftvoll-klar präsentiert, reflektiert sein Leben. Er trifft sein jugendliches Selbst (Nikolay Sidorenko), das einen Mord begeht.

Schuld, Erlösung und Freiheit

Poetisch ausgestaltete Ideen zu Schuld, Erlösung und Freiheit verschmelzen hier raffiniert mit Wagners in sich rotierender Schmerzensmusik. Mit dabei, wie bei der Premiere, Elīna Garanča als fulminante Kundry: Ihr markanter Mezzo lädt auch einzelne Worte wie "Lachen" mit einer Intensität der Verzweiflung auf.

Energiemäßig fast auf Kundrys Level und bisweilen sogar edel timbrierend Michael Nagy als Amfortas, während Günther Goissböck als Gurnemanz um Gestaltung ringt und oft seltsam fragil wirkt. Der voluminöse Sound des Staatsopernorchesters ist da mitunter keine Hilfe.

Dirigent Alexander Soddy erreicht, abseits kleiner Instrumentalpatzer, aber doch hohe emotionale Dichte. Ein respektabler Abend, mit gutem Chor und einem Klingsor, der bei Werner van Mechelen gut aufgehoben war. Etwas schrill der kollektive Sound der Blumenmädchen. (Ljubisa Tosic, 29.3.2024)