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WIEN / Staatsoper: DON PASQUALE

Ein durchaus vergnüglicher Opernabend mit gelungenen Rollendebüts

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Rosa Feola (Norina) und Misha Kiria (Don Pasquale). Alle Fotos: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

WIEN / Staatsoper: DON PASQUALE

49. Aufführung in dieser Inszenierung

21. Feber 2024

Von Manfred A. Schmid

In den Kritiken der Premiere von Don Pasquale 2015 an der Wiener Staatsoper wurde der Inszenierung von Irina Brook, wegen der grell-schrillen, in rosa Plüsch ausstaffierten Bühne, tatsächlich „Augenfeindlichkeit“ vorgeworfen. Zu viel Klamauk und Slapstick würden zudem übertünchen, wie „abgründig“ diese Belcanto-Oper in Wahrheit sei. Nun hat Gaetano Donizetti seine Komödie rund um einen älteren Herrn, dem der Heiratswunsch durch eine ihm in einer fiktiven Verehelichung angetraute junge Frau in kürzester Zeit ein für alle Mal ausgetrieben wird, indem sie seine Welt auf den Kopf stellt und ihn schmählich behandelt, in der Tat ein „Dramma Buffo“ genannt. Es besteht aber kein Zweifel, dass hier – das gilt auch für den thematisch ähnlichen Barbiere seines Kollegen Rossini – die Komödie und die Unterhaltung klar im Vordergrund stehen und nicht das Drama. Ein Regietheater-Zampano würde vermutlich die Grausamkeit, die dem vereinsamten Hagestolz widerfährt, in den Mittelpunkt stellen und aus der Komödie eine Tragödie machen. Darauf hat Irina Brook gottseidank verzichtet. Natürlich hätte sie mit etwas feinerer Klinge ans Werk gehen und subtil herausarbeiten können, dass sich – wie in jeder guten Komödie – im Hintergrund ein tragisches Moment verbirgt. Was aber bleibt, ist die Freude, dass Donizettis auch musikalisch vor Witz sprühendes Werk, das davor an der Staatsoper nur ein Schattendasein fristen musste, mit dieser Inszenierung zu einem Fixpunkt geworden ist. Was komisch empfunden wird, ist dem Wandel unterworfen. Ein Blick in die Unterhaltungssendungen im Fernsehen bestätigt, dass derzeit Klamauk jedenfalls Trumpf ist. Ob man das nun gutheißen möchte oder nicht: Lachen ist gesund und Lachen ist erlaubt. Auch in der Oper. Und dieser Opernabend liefert den schallenden Beweis dafür.

Drei ausgezeichnete Rollendebüts machen diese Aufführung zu einem mehr als soliden Repertoire-Ereignis. Der georgische Bass Misha Kiria verfügt über eine mächtige, wandlungsfähige Stimme, die es ihm ermöglicht, in der Titelfigur im rasanten, zungenbrecherischen Duett mit Don Pasquales Freund und Rechtsbeistand Malatesta brillieren zu können. Obwohl dieser mitreißend komische Auftritt, vor dem geschlossenen Vorhang, von der Regie, wegen des Umbaus der Bühne, bereits als Da Capo eingeplant ist, würde er, auch für sich selbst, durchaus eine Wiederholung wert sein. Kirias bühnenfüllende Präsenz ist auch darstellerisch ein Vergnügen und stattet die tollpatschig-komische wie auch selbstverliebte Figur eines alten Herrn auf Freiersfüßen mit Facetten aus, die weit über den Running Gag seiner verrutschenden und zu Boden fallenden Perücke hinausgehen. Die tragische Dimension ist nicht ganz ausgeblendet, Mitleid und Sympathie angesichts seiner Seelenqualen durchaus angebracht.

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Rosa Feola (Norina) und Lawrence Brownlee (Ernesto).

Der afroamerikanische Tenor Lawrence Brownlee hat im Haus am Ring u.a. schon als Nemorino auf seine feine, höhensichere Belcanto-Stimme aufmerksam gemacht. Eine treffliche Besetzung für Ernesto, den sein Onkel Don Pasquale gern nach seinen Vorstellungen verheiraten möchte, der aber nur Norina liebt, deshalb enterbt wird, wegziehen will und seine Geliebte großmütig freigibt. In seiner melancholischen Auftritts-Arie, von einem elegischen Trompetensolo (Bühnenmusik Bernhard Pronebner) begleitet, beklagt er sein Schicksal. Romantisch, im Stil eines Vorstadtcasanovas im weißen Anzug, intoniert Brownlee später auch die sehnsuchtsvolle Serenade, nun von einem als mexikanischer Marriachi verkleideten (Pseudo-)Gitarristen begleitet. Das endgültige Happyend wird dann durch ein innig gesungenes Duett mit Norina besiegelt.

Als Norina absolviert die Italienerin Rosa Feola ein gelungenes Rollendebüt, nachdem sie an diesem Haus schon als Susanne (Le nozze) und Gilda (Rigoletto) gewürdigt worden ist. Mit einem silbrig-hellen Sopran und einer guten Portion darstellerischer Gestaltungskraft ausgestattet, gelingt es ihr, bei ihrer ersten Begegnung als Braut Don Pasquale die reinste, schüchternste Unschuld vom Lande, eben erst aus einem Kloster kommend, vorzugaukeln und dann, nach vollzogener Scheintrauung, sich als überdominante Furie in Szene zu setzen. Hier ist Übertreibungskunst gefragt und überaus fintenreich auch vorhanden.

Ensemblemitglied Michael Arivony, der schon in seiner Zeit als Mitglied des Opernstudios auf sein eminentes Talent als Sänger-Schauspieler aufmerksam gemacht hat und in vielen, höchst verschiedenen Auftritten das auch schärfen und ausbauen konnte, ist als Malatesta ein – wie es die Rolle verlangt – umtriebiger Strippenzieher. Gesanglich empfiehlt sich der noch junge Bariton derzeit vor allem für das lyrische italienische Fach. Darstellerisch ist er dank seiner Wandlungsfähigkeit aber ohnehin äußerst vielfältig einsetzbar. Neigt zwar manchmal etwas zum Outrieren, was aber diesmal, in einer Kömödie, gewiss kein Fehler ist.

Hans Peter Kammerer hat einen kurzen komischen Auftritt als Notar, der Chor der Dienstboten kommentiert im letzten Akt mitfühlend den allzu rauen Umgang Norinas mit seinem Arbeitgeber. Dirigent Francesco Ciampa  ist ein verlässlicher musikalischer Sachwalter, der die Mittel kennt, wie Donizettis Musik belcantogerecht und rhythmisch angemessen umzusetzen ist und auch mit dem Setzen effektvoller Pausen und Verzögerungen perfekt umzugehen weiß.

Es gibt viel Applaus: Dank für einen vergnügungsreichen italienischen Opernabend

 

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