Oper
Anna Netrebko (Manon Lescaut) und Yusif Eyvazov (Des Grieux) an der Wiener Staatsoper.
Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wien – Wer sich erste Eindrücke verschaffen will, wie der neue Salzburger Jedermann-Regisseur Robert Carsen inszeniert, informiert sich im November an der Wiener Staatsoper. Dort läuft gerade dessen Regieversion von Puccinis Manon Lescaut aus 2005, als Ioan Holender Direktor war. Carsen erzählt die tragische Story einer zwischen Liebe und Luxus unschlüssig pendelnden Frau in einer Einkaufspassage, die hernach zum schicken Penthouse mutiert, in dem Manon scheinglücklich ist. Schlussendlich stirbt sie wieder in der Boutiquegegend des Anfangs, welche nun glanzlos ist. Oft umrahmen das Ganze Blitzlichtgewitter. Stichwort sensationsgeile Medien.

Ehemann im echten Leben

Als die Jahre für die Inszenierung ins Land zogen, beehrte auch Sopranistin Anna Netrebko die ins Seitenblickeheute verlegte Geschichte. Sie kennt also die Eigenheiten dieser recht grellen Arbeit. Neu ist auch für sie – in dieser Regie – ihr Ehemann im echten Leben, Tenor Yusif Eyvazov.

Er gibt den verliebten, dann verschmähten und schließlich wieder hingebungsvoll tragisch liebenden Chevalier Des Grieux etwas klischeehaft. Bei der orchestralen Lautstärke, zu welcher Dirigent Jader Bignamini das Staatsopernorchester öfters animierte, erwies sich allerdings Eyvazov sichere, robuste Art als Vorteil, um vokal nicht unterzugehen. Dass sein ausnehmend spezielles Timbre nicht über Puccini-Schmelz verfügt und Nuancen dynamischer Art fast zur Gänze fehlten, wurde zur Schattenseite seiner übervitalen Performance.

Souveräne Routine

In seinen Armen Weltklasse: Netrebkos dunkler Sopran schwingt sich mühelos zu glanzvollen Pianissimoeffekten auf. Wie immer umgibt ihre ansatzlos gesetzten Töne in der Höhe eine besondere Aura. Der Rest ist souveräne Routine, die sich auch vom dezibelfreudigen Orchester nicht allzu sehr irritieren lässt.

Luxuriös besetzt und edel im Timbre Davide Luciano als Lescaut, der in Salzburg schon Giovanni war. Solide der Staatsopernchor und Evgeny Solodovnikov als hier etwas unscheinbar herzloser Böse Geronte di Ravoir. Applaus für alle im Rahmen einer Inszenierung, die 2005 das Publikum ordentlich gespalten hat. (Ljubisa Tosic, 31.10.2023).