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MANNHEIM/ Nationaltheater/ Pfalzbau-Theater Ludwigshafen: IL TROVATORE

28.09.2023 | Oper international

Mannheim / Nationaltheater: „IL TROVATORE“

 Besuchte Auff. am 27.09.2023

Die erste WA von Giuseppe Verdis Meisteroper „Il Trovatore“ fand wegen der Sanierungs-Phase des Nationaltheaters in der Ausweich-Spielstätte  Pfalzbau-Theater Ludwigshafen statt.

Jedoch zunächst das Wichtige dieser famosen Opernvorstellung den musikalischen Komponenten. Wie bereits anno 2019 nach der Premiere gastierte  Sonja Saric als Leonora und feierte heute erneut einen persönlichen Triumph. Die junge serbische Sopranistin absolvierte u.a. an der Musikhochschule Mannheim ihre Gesangsausbildung,  wechselte mit ihrem Meisterdiplom 2017 nach Graz, die Gewinnerin internationaler diverser Gesangswettbewerbe etablierte sich zur exzellenten Liedsängerin, weitere Stationen der erfolgreichen Künstlerin waren Linz, Paris, Amsterdam, ein Festengagement an der Nationaloper Belgrad und jüngst das bejubelte Senta-Debüt in Bologna. Doch nun zur Sache:

Sonja Saric präsentierte eine Leonora zum Niederknien, beglückte mit überragend technischer Sicherheit, belkantisch-elitärem Gesang die Zuhörer. Wundervoll erblühten die strahlenden Höhenflüge aus der phrasierungsreichen Mittellage ihrer wunderschön timbrierten Goldtönen. Zu bezaubernd-schwebenden Piani, emotionaler Intensität und umwerfender Legato-Kultur portraitierte Saric die unglücklich Liebende geradezu exemplarisch.

Julia Faylenbogen Mannheims phänomenale Kundry (leider seit zwei Jahren nicht mehr im Einsatz) überzeugte als Azucena wiederum mit einer glanzvollen Vokalleistung. Die famose Mezzosopranistin vermittelte mit ihrem wunderbaren Timbre, gutturalen Tiefen und bombensicherem Höhenausbrüche, eine Interpretation der Sonderklasse.

Eine weitere vokale Glanzleistung durfte man von Irakli Kakhidze vernehmen. Es ist immer wieder eine Freude dem georgischen Tenor mit dem unermesslichen silberhellen Edelmetall zu lauschen. Ob nun zu Cabaletta, Stretta, Duetten oder Ensembles entfaltete sich das herrliche Timbre auf das Wunderbarste, vom Höhenpotenzial abgesehen empfahl sich der gefeierte Sänger mit Wohlklang im Mittelbereich sowie schmelzreichen Piani.

Mit seinem kraftvollen, markanten, farbenreich-nuancierten, bestens ausbalancierten Bariton empfahl sich Evez Abdulla als vortrefflicher Verdi-Interpret und komplettierte als dynamischer Conte Luna das exzellente Solisten-Quartett.

In deren Schatten sich keineswegs Sung Ha in der Partie des bassgewaltigen Ferrando verstecken musste. Großartig verband der bewährte Sänger in  packender Charakterisierung warmes Timbre mit prächtigem Kolorit.

Ausgezeichnet fügten sich die schönen Stimmen von Nataliia Shumska (Ines), Niklas Mayer (Ruiz), David Yim (Bote) sowie Daniel Claus Schäfer (Zigeuner) ins Ensemble.

Über zwei Stunden absolvierte die Tänzerin Sarah Wünsch als Trauma (Hirngespinst der Regie!) akrobatische Höchstleistungen.

Hinreißend schön präsentierten die Damen sowie die Herren des NTM-Chores (Alistar Liley) in dynamischer Präzision, vokal-agiler Rhythmik die mitreißenden Chor-Frequenzen.

Selten darf man nördlich der Alpen derart perfekten, orchestralen Belkanto-Klang erleben

 Salvatore Percacciolo versetzte mit dem bestens disponierten NTM-Orchester  das Publikum in einen Verdi-Klangrausch der Extraklasse, entlockte dem Instrumentarium Verve, Esprit, glutvolle Italiana, dass es einem schier den Atem verschlug. Des Maestros Zugriff auf Verdis meisterhafte Partitur war geprägt von beherzten Tempi, mediterraner Eleganz, klarer Transparenz, balsamischem Musizierstil und ließ den Solisten genügend Freiraum zur prächtigen Vokal-Entfaltung. Bravissimo!

Lediglich der Interpretinnen und Interpreten wegen ließ ich den inszenatorischen Schwachsinn mit allen negativen Attributen der modernen Regie (Roger Vontobel), der dunklen Bühne (Claudia Rohner) mit den unerträglichen Scheinwerfer-Publikums-Blendungen sowie den hässlichen Kostümen (Nina von Mechow) abermals über mich ergehen. Die Namen des Teams seien lediglich zur Abschreckung erwähnt. Besucher der Premiere anno 2019 sowie der Folgeaufführungen hatten wohl noch die ausgebuhte Produktion in reger Erinnerung und mieden der vortrefflichen Besetzung zum Trotz, den „Sprung“ über den Rhein obwohl nur 6 Tramstationen vom Nationaltheater entfernt. Konzertante Aufführungen ohne gewöhnungsbedürftige Szene im Rosengarten wären wohl von Nöten? Man könnte sich die horrende Saalmiete im nur zu einem Drittel besetzten Pfalzbau ersparen oder evtl. zwei Abos vereinen um so einen Saal zu füllen. Ob derartige Gedankengänge die Geister unserer Intendanz erreichen? Dasselbe Dilemma hatten wir bereits letzte Spielzeit zur unattraktiven Werksauswahl, das „Wundern“ danach war groß! Möge dieses Schicksal die neue Produktion des „Boris Godunow“ an gleicher Spielstätte nicht ereilen. Ob Frickas Ruf Wotan! Gemahl! Erwache unsere Theatergötter aus ihrem Dornröschenschlaf erwecken könnte?

Gerhard Hoffmann

 

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