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Yevhen Rakhmanin, Philipp Kranjc, Susanne Serfling, Khanyiso Gwenxane, Lina Hoffmann. Foto: Pedro Malinowski

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„So sieht keine Siegerin aus“ – „Salome“ im Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

Vorspann / Teaser

Stockduster ist es, nachtschwarz der riesige Salon, in dem rechts an der Wand drei Klaviere stehen, spärlich das schwarze Mobiliar. Kein Ort, an dem man gern leben möchte, in dem sich aber eine seltsame Gesellschaft tummelt, an der Spitze König Herodes. Um ihn herum – außer Königin Herodia – nur Männer, mal in feinen Anzügen, mal in Krieger-Uniformen und mit Maschinengewehren ausgestattet. Allein ein riesiger grauer Mond liefert an seinen Rändern ein klein wenig Helligkeit und bescheint eher kraftlos die Szenerie.

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Dies ist der Schauplatz, an dem Regisseur Manuel Schmitt Richard Strauss’ „Salome“ ansiedelt. Sie, die Tochter des Königs, ist dank ihres hellen Kleides optisch der einzige Lichtblick bei Hofe. Rein optisch wohlgemerkt – und damit das attraktive Objekt männlicher Begierde. Auf diesen Fokus konzentriert Manuel Schmitt seine Deutung, die vor allem im Schleiertanz krass zum Ausdruck kommt: nicht unbedingt die sexuell-lustvolle Show für den Tetrachen – vielmehr der Anlass einer exzessiven Massenvergewaltigung durch die versammelte Männergesellschaft! Damit kehrt sich auch Salomes Position in gewisser Weise um. Zwar bekommt sie am Ende den Kopf des Jochanaan. Doch ist dieser scheinbare Triumph erkauft durch einen von ihr gezahlten hohen Preis: eben den ihrer Würde. So sieht keine Siegerin aus. Und auch der unansehlich graue Kopf des hingeschlachteten Propheten, der zuvor seine mahnenden Worte aus einem Metallkäfig herausposaunt hat, ist alles andere als attraktiv. Wer mag schon den Mund eines solch Elenden küssen?

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    Vordergrund: Martin Homrich, Susanne Serfling, Simon Stricker; Hintergrund: Statisterie, Ensemble. Fotos: Pedro Malinowski

    Vordergrund: Martin Homrich, Susanne Serfling, Simon Stricker; Hintergrund: Statisterie, Ensemble. Fotos: Pedro Malinowski

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    In Schmitts Inszenierung spielen alle Elemente aufs Beste zusammen: Julius Theodor Semmelmanns düstere Bühne, die Kostüme, die Carola Volles in variantenreichem Schwarz hält, die Personenführung (fast immer sind alle Beteiligte auf den Brettern!), das Licht von Patrick Fuchs, der mal emphatische, mal lyrisch-schmeichelhafte Gesang in diesen dichten 100 Minuten. Und nicht zuletzt die Neue Philharmonie Westfalen, der Dirigent Rasmus Baumann all die ihr innewohnende Dramatik entlockt, ihr Schärfe verleiht und mit einer Wirkung ausstattet, die direkt ins Blut geht. Das ist ganz großartig!

    Martin Homrich gibt einen fettleibigen Herodes, der seinen Tenor auch schon mal lüstern quieken lassen kann; Almuth Herbst ist seine volltönend singende Gattin, die eher regungslos dem ganzen Geschehen zusieht und sich über das erreichte Ziel freut; Benedict Nelsons Jochanaan ist ein schicksalsergebener, abgeklärter Gottesmann, Khanyiso Gwenxane ein stimmlich superber und toll spielender Narraboth mit schmachtendem Blick auf Salome (stimmlich ein Pfund, mit dem das Gelsenkirchener Haus wuchern kann!). Und Susanne Serfling in der Titelrolle gibt ein ebenso vokal wie darstellerisch starkes Rollenporträt inmitten einer patriarchalen, ihr feindlich gesonnenen Gesellschaft.

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