Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Volksoper: DIE FLEDERMAUS. Saisonstart

WIEN/Volksoper

„DIE FLEDERMAUS“ – Saisonstart am 1. September 2023

flo

Viel kann bei der 589. Vorstellung dieser Produktion nach Robert Herzl nicht schiefgehen. Zumal, wenn arrivierte Kräfte in den beiden Hauptpartien angekündigt sind. Der Zuschauerstrom könnte besser sein, aber insgesamt ist die Auslastung nicht blamabel. Diverse Vergünstigungen beim Kartenpreis dürften dazu beigetragen haben. Die Verantwortlichen haben verstanden, dass die Besucher mehr auch auf ihre Börse achten. Viele Kinder sieht man, die dem Geschehen gestenreich und hin und wieder auch akustisch folgen. Die Direktorin beobachtet aus ihrer Loge große Teile der Aufführung.

Volles Lob verdient das beherzt aufspielende Orchester unter der famosen Leitung von Alexandre Joel. Er hat die Musikerinnen fest im Griff und der wienerische Charme eines Walzers oder einer Polka kann sich voll entfalten. Fast schon antiquiert heutzutage mutet es an, wenn die Ouvertüre vor geschlossenem Vorhang gespielt wird und man sich voll auf die melodienreiche Handlung vorbereiten kann.

Eine verdiente Kammersängerin und ein verdienter Kammersänger geben Rosalinde und Gabriel Eisenstein. Unzählige Male werden Ulrike Steinsky und Sebastian Reinthaller in diesen Partien gemeinsam auf der Bühne gestanden haben. Dieses eingespielte Team vermag schauspielerisch zu überzeugen, sängerisch waren schon Abstriche zu vernehmen. Adele wird vom Ensemblemitglied Lauren Urquart beherzt interpretiert und wird bald noch präsenter auch im ersten Akt einen wichtigen Gegenpart darstellen. Musikalisch hat sie die Partie gut drauf. Ähnlich geht es dem jungen Tenor David Kerber, der als Alfred im Ensemble noch etwas „fremdelt“. Mit der notwendigen Verve intoniert er die unzähligen Tenorarien, die wie ein Rätselspiel „Aus welcher Oper?“ anmuten. Daniel Ohlenschläger und Szymon Komasa komplettieren als Gefängnisdirektor und Dr. Falke die Reihe der Sänger im ersten Akt. Das Mitglied des Opernstudios Stanislaw Napierala als Notar war akustisch leider kaum zu vernehmen.

Der zweite Akt brachte durch Katia Ledoux als Prinz Orlofsky eine höchst zufriedenstellende Leistung. Ihre angenehme Stimme gibt dieser Hosenrolle die richtige Ausstrahlung und die nötige Bühnenpräsenz. Sängerisch ist sie die Beste an diesem Abend und ein großer Gewinn für das Ensemble des Hauses. Die aufgewertete Rolle der Ida (Julia Edtmeier) ist für meinen Geschmack doch zu aufdringlich, wird aber ohne Fehl und Tadel über die Rampe gebracht. Für die komische Partie in der Operette reicht eigentlich der Frosch oder in diesem Fall der weibliche Frosch. Der Chor und das Ballett nutzen ihre Auftritte für einen beschwingten Ablauf des Geschehens.

Sigrid Hauser platziert ihre aktuellen Anspielungen als Frosch gekonnt und spielt überzeugend ohne je peinlich zu wirken. Manche Pointen allerdings verpuffen, es scheint doch auch ein großer Anteil an Touristen in der Vorstellung gewesen zu sein, denen die österreichische Politik in ihrer Feinheit unbekannt ist. Dass das junge Publikum mit den berühmten Vorgängern als Gerichtsdiener (so wird diese Rolle nunmehr angekündigt) nichts anfängt, ist nur zu verständlich.

Insgesamt ein vergnüglicher, beschwingter Abend, dank eines fabelhaften Orchesters und den meisterhaften Melodien unseres Walzerkönigs.

Otto Grubauer

 

Diese Seite drucken