„Tannhäuser“ in Hamburg :
Wie ein Schrei nach Erlösung

Von Jürgen Kesting
Lesezeit: 4 Min.
Selbstbehauptung vor einer Gesellschaft der Spießbürger
Kunstvoll und klug: Den Ton der Entzückung wie den der Zerknirschung trifft Klaus Florian Vogt für die Titelpartie von Richard Wagners „Tannhäuser“. Dadurch rettet er die Inszenierung an der Hamburgischen Staatsoper.

Nur zu gut verständlich, dass Tannhäuser erschöpft ist nach dem wüsten Treiben, das in der Pornophonie des Bacchanals ausgemalt wird und das er zuvor als einen auf den Vorhang projizierten Traum und Albtraum miterleben muss; dass der Hochleistungserotiker auf die Lockfrage der Venus also ermattet erwidert: „Zu viel! Zu viel.“ In der Hamburger Neuinszenierung des ungarischen Filmregisseurs Kornél Mundruczó ist Tannhäuser ein Mann, der mit Venus in der Idylle eines Dschungels lebt mitsamt Kindern, die wohl nicht zum ersten Mal alteheliches Gezänk erleben. Erst in der zweiten Strophe der Hymne an Venus zeigen sie sich bekümmert darüber, dass ihr Vater Sehnsucht hat nach des „Himmels klarem Blau“. Zwei Kinder setzen sich auf seinen Rücken und erleben eine Mutter, die ihn, in einen Morgenmantel gewandet, nicht mehr in die Liebesgrotte zu bitten vermag.

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