Monteverdi in Mannheim :
Der Bauch ist hier das A und O

Lesezeit: 3 Min.
Singen zirrhenzart: Nikola Hillebrand und Amelia Scicolone.
Die „Marienvesper“ von Claudio Monteverdi wurde 1610 für die Kirche geschrieben. Calixto Bieito bringt sie nun auf die Bühne des Nationaltheaters Mannheim. Man sieht Priester, Lutscher und runde Leiber.

Maria – mit den noch kindlichen Zügen von Simone Becherer – lacht. Sie hält die Lippen geschlossen, aber ihr Gesicht will platzen vor Freude. Der ganze Körper schüttelt sich. Der Chor des Nationaltheaters Mannheim weiß, warum, und singt davon ganz leuchtend warm. Gott selbst nämlich hat sich Maria zugewandt, jener Gott, von dem sie gehört hat: „Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen“. Das zitternde In-Sich-Hineinglucksen Marias, ein schönes, ansteckend fröhliches Bild übrigens, ist nichts als eine geballte Faust mit ausgefahrenem Mittelfinger, nur schickt sich eine solche Geste nicht für die heilige Jungfrau, nicht einmal, wenn Calixto Bieito, bei dem die Grenzwerte für Obszönität und Gewalt höher liegen als üblich, die „Marienvesper“ von Claudio Monteverdi auf die Bühne bringt.

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